Carry Trade erklärt: Strategie, Beispiel USD/JPY und Risiken im Forex-Markt

 

Der sogenannte Carry Trade gehört zu den ältesten und bekanntesten Strategien im Devisenhandel. Dabei nutzen Trader gezielt die Zinsdifferenzen zwischen zwei Währungen, um regelmäßige Erträge zu erzielen. Während viele Anleger ausschließlich auf Wechselkursbewegungen achten, beruht der Carry Trade auf einem fundamentalen makroökonomischen Prinzip: Wer Kapital in einer niedrig verzinsten Währung aufnimmt und es in einer hoch verzinsten Währung anlegt, verdient die Differenz – den sogenannten Zins-Carry.

Diese Strategie wird seit Jahrzehnten von institutionellen Investoren, Hedgefonds und erfahrenen Forex-Tradern genutzt, um das „Zinsgefälle“ globaler Märkte zu ihrem Vorteil zu nutzen. Im Folgenden erklären wir den Mechanismus des Carry Trades, zeigen ein klassisches Beispiel mit USD/JPY und beleuchten die Chancen und Risiken dieser Strategie.

Was ist ein Carry Trade?

 

Ein Carry Trade ist eine Form des Zinsarbitragegeschäfts. Das Prinzip ist einfach:

„Borrow low – invest high“ – Leihen Sie Geld in einer Währung mit niedrigem Zinssatz, und investieren Sie in eine Währung mit höherem Zinssatz.

In der Praxis bedeutet das:


Ein Trader leiht sich Geld in einer Niedrigzinswährung (z. B. Japanischer Yen oder Schweizer Franken) und tauscht es in eine Hochzinswährung (z. B. US-Dollar, Australischer Dollar, Neuseeländischer Dollar), um die Zinserträge dieser Währung zu erhalten.

Die Zinsdifferenz zwischen beiden Währungen ist die theoretische Rendite. Solange sich der Wechselkurs zwischen beiden Währungen nicht stark gegen den Trader bewegt, kann der Carry Trade laufende Erträge generieren.

Diese Strategie kann sowohl über Spot-Forex-Geschäfte als auch über CFDs oder Futures umgesetzt werden. In der CFD-Variante wird der Carry über die täglichen Swap-Zinsen automatisch abgerechnet (vgl. unseren Artikel zu Forex-Swaps).

Beispiel: Der klassische USD/JPY Carry Trade

 

Das Währungspaar USD/JPY gilt seit Jahrzehnten als das Paradebeispiel eines Carry Trades.

Ausgangssituation

  • US-Leitzins: 5,25 %

  • Japanischer Leitzins: 0,10 %

  • Zinsdifferenz: ca. 5,15 % pro Jahr

Ein Trader, der USD/JPY long geht (also US-Dollar kauft und Yen verkauft), verdient theoretisch 5,15 % p. a. an Zinsdifferenz.
Der Broker schreibt diese Zinsgutschrift in Form eines positiven Swaps täglich gut.

Praktisches Beispiel (vereinfachte Berechnung)

  • Positionsgröße: 0,1 Lot (10.000 USD)

  • Zinsdifferenz netto: 5 % p. a.

  • Tägliche Zinsgutschrift:
    10.000×0,05/365≈1,37USD10.000 \times 0,05 / 365 \approx 1,37 USD

Das entspricht rund 40 USD pro Monat, vorausgesetzt der Wechselkurs bleibt stabil. Steigt der USD gegenüber dem Yen zusätzlich, entsteht ein doppelter Gewinn: Zins- und Kursgewinn.

Historische Perspektive

Der Yen Carry Trade war besonders zwischen 2004 und 2007 populär, als japanische Zinssätze nahe null blieben, während die US-Leitzinsen stiegen. Hedgefonds und institutionelle Investoren nutzten massive Yen-Kredite, um in höher verzinste US- oder australische Assets zu investieren.
Als jedoch 2008 die Finanzkrise ausbrach und die Volatilität stark zunahm, brach diese Strategie abrupt zusammen – viele Carry-Trader mussten ihre Positionen auflösen, was zu einer massiven Yen-Aufwertung führte.

Carry Trade Strategie: Umsetzung und Variationen

1. Klassischer Spot-Carry

Trader kaufen das hochverzinsliche Währungspaar (z. B. Long AUD/JPY) und halten es über längere Zeiträume. Die Rendite entsteht aus der Zinsdifferenz und potenziellen Kursgewinnen.

2. Carry über CFDs oder Futures

Hier wird der Zins-Carry als tägliche Swap-Gutschrift oder -Belastung automatisch vom Broker berechnet. Der Vorteil liegt in der Hebelwirkung; der Nachteil in der erhöhten Volatilität.

3. Global Macro Carry

Professionelle Anleger kombinieren Carry Trades mit makroökonomischen Einschätzungen (z. B. Zinszyklen, Inflationserwartungen). Diese Form wird häufig in Hedgefonds genutzt und kann als systematische Multi-Currency-Strategie aufgebaut werden.

Einflussfaktoren auf die Rentabilität eines Carry Trades

 

  • Zinsdifferenz
    Die Hauptquelle der Rendite. Je größer der Abstand der Leitzinsen, desto attraktiver der Trade.

  • Wechselkursentwicklung
    Eine Aufwertung der Hochzinswährung erhöht den Gewinn, eine Abwertung kann den Carry zunichtemachen.

  • Volatilität & Marktstimmung
    Carry Trades funktionieren vor allem in sogenannten Risk-On-Phasen (Anleger suchen Rendite). In Risk-Off-Phasen (Marktpanik, Zinsunsicherheit) werden Carry Trades meist abrupt abgebaut.

  • Liquidität und Brokerkosten
    Spreads, Swap-Gebühren und Finanzierungskosten können den Ertrag mindern.


 

Carry Trade Risiko: Die Kehrseite der Strategie

 

Trotz seiner theoretischen Einfachheit gehört der Carry Trade zu den riskantesten Strategien im Devisenhandel. Das liegt an der Kombination von Hebelwirkung, Zinsänderungsrisiko und Wechselkursvolatilität.

1. Währungsrisiko

Selbst kleine Wechselkursbewegungen können den Zinsvorteil schnell auslöschen. Eine Abwertung der Hochzinswährung kann über Nacht alle Carry-Erträge zunichtemachen.

2. Zinswende

Ändern Zentralbanken unerwartet ihre Zinspolitik, kippt die Zinsdifferenz. Ein vormals positiver Carry kann negativ werden – insbesondere bei Long-Positionen in hochverzinsten Währungen.

3. Risikoabwägung (Risk-Off)

In Phasen globaler Unsicherheit (z. B. Finanzkrisen, geopolitische Spannungen) liquidieren Marktteilnehmer Carry Trades massenhaft. Dadurch steigt die Niedrigzinswährung (z. B. Yen) sprunghaft – sogenannte Carry Unwinds.

4. Hebelwirkung im CFD-Handel

Bei Carry Trades über CFDs wirkt der Hebel doppelt: Er verstärkt sowohl Zinsgewinne als auch Kursverluste. Ohne solides Risikomanagement kann ein Drawdown schnell das Konto gefährden.

Steuerliche Behandlung (Deutschland)

 

Carry-Trade-Gewinne aus Forex- oder CFD-Geschäften gelten als Kapitalerträge und unterliegen in Deutschland der Abgeltungsteuer (25 % plus Zuschläge).
Die Erträge werden meist automatisch durch den Broker erfasst.
Wichtig: Dieser Abschnitt stellt keine Steuerberatung dar – bitte konsultieren Sie im Zweifel einen Steuerberater.

Fazit: Carry Trades – Zinsstrategie mit hohem Potenzial und klaren Risiken

 

Der Carry Trade ist ein Paradebeispiel für den Zusammenhang zwischen Geldpolitik und Devisenmärkten. In Zeiten klarer Zinsdifferenzen kann er über Monate oder Jahre attraktive Zusatzerträge bieten. Doch die Strategie ist nicht risikofrei: Sie lebt von stabilen Märkten, niedriger Volatilität und klarem Zinstrend.

Wer Carry Trades umsetzt, sollte:

  • die Zinsentwicklung der beteiligten Währungen aktiv verfolgen,

  • ausreichendes Kapital zur Absicherung vorhalten,

  • und stets mit Risikomanagement (Stops, Positionsgröße) arbeiten.

Der Carry Trade ist somit keine reine Spekulation, sondern eine makroökonomisch fundierte Zinsstrategie, die erfahrenen Tradern erlaubt, von globalen Zinszyklen zu profitieren – solange die Märkte ruhig bleiben.

 

👉 „Lesen Sie auch: Swap-Zinsen im Forex-Markt erklärt

Häufige Fragen (FAQ)

Was ist ein Carry Trade einfach erklärt?

Ein Carry Trade nutzt Zinsunterschiede zwischen Währungen aus. Man leiht sich Kapital in einer niedrig verzinsten Währung und investiert es in eine höher verzinste.

Was ist ein Beispiel für einen Carry Trade?

Das klassische Beispiel ist USD/JPY: Man leiht Yen (Zins 0,1 %) und kauft US-Dollar (Zins 5 %), um von der Differenz zu profitieren.

Wann funktioniert der Carry Trade nicht?

In Phasen hoher Volatilität oder Zinssenkungen der Hochzinswährung – dann kann die Währung abwerten, und der Carry-Vorteil kehrt sich ins Gegenteil um.

Ist der Carry Trade riskant?

Ja. Der Hauptfaktor ist das Wechselkursrisiko. Schon kleine Kursbewegungen können Zinsgewinne vernichten. Daher gilt: Nur mit striktem Risikomanagement einsetzen.