Veröffentlicht: 21. Oktober 2025
Autor: S. Fiedler 
Hinweis: Dieser Artikel dient ausschließlich der allgemeinen Information und stellt keine Anlageberatung oder Empfehlung zum Kauf oder Verkauf von Finanzinstrumenten dar.

Anleihen strategisch kaufen: Zinsphasen, Währungsrisiken & Marktchancen erklärt

 

Nach zwei Jahren hoher Zinsen und starker Schwankungen an den Rentenmärkten rücken Anleihen wieder in den Fokus vieler Anleger.
Doch die Frage bleibt: Wann lohnt sich der Einstieg – und in welche Anleihen?

Dieser Artikel zeigt drei realistische Szenarien für 2025, erklärt den Einfluss von Zinsen, Währungen und Laufzeiten und gibt Ihnen ein praxisnahes Verständnis dafür, wie Sie Chancen und Risiken einordnen können – ohne konkrete Kaufempfehlung.

Zinszyklen verstehen: Wann Anleihen attraktiv werden

 

Die Grundregel bleibt: Steigen die Marktzinsen, fallen die Kurse bestehender Anleihen – und umgekehrt.

Zurzeit (Oktober 2025) notieren zehnjährige US-Treasuries mit Renditen um 4 %, Bundesanleihen vergleichbarer Laufzeit knapp darunter.

Szenario A – Zinsrückgang erwartet:
Sinkende Leitzinsen würden ältere Anleihen mit höherem Kupon aufwerten. Beispiel: Eine US-Treasury mit 4,5 % Kupon würde bei einem Rückgang des Marktzinses auf 3 % im Kurs steigen – die Rendite alter Papiere wird attraktiver.

Szenario B – Zinsen bleiben hoch:
Bleiben die Zinsen länger auf hohem Niveau, sind kurze Laufzeiten oder flexible Kuponanleihen meist weniger zinssensitiv und damit stabiler.

Merke:
Anleihen mit längerer Laufzeit reagieren stärker auf Zinsänderungen (höhere Duration = höheres Zinsrisiko).

Zinsentwicklung und Marktumfeld im Herbst 2025

 

Nach mehreren Zinserhöhungen in den Jahren 2022–2023 verharren die US-Leitzinsen seit Anfang 2025 bei rund 4 %, während die EZB den Einlagenzins auf 3,25 % gesenkt hat.
Anleihemärkte preisen zunehmend eine Phase moderater Zinssenkungen ein. Gleichzeitig bleibt die Inflation in Europa mit etwa 2,0 % und in den USA mit rund 2,7 % auf einem noch leicht erhöhten Niveau.

Diese Konstellation – hohes Zinsniveau, langsam sinkende Inflation und ein robuster Arbeitsmarkt – bietet für Anleiheinvestoren ein interessantes Spannungsfeld:
Zinsrückgänge können zu Kursgewinnen führen, während stabile Kupons laufende Erträge sichern.

Währungsrisiken bei internationalen Anleihen

 

Für Euro-Anleger ist der Wechselkurs ein entscheidender Renditefaktor.
US-Anleihen werden in Dollar notiert, wodurch der EUR/USD-Kurs direkten Einfluss auf die tatsächliche Euro-Rendite hat.

Aktuell (Oktober 2025) liegt der EUR/USD-Kurs bei 1,16, nachdem er im Frühjahr 2025 zeitweise auf 1,05 gefallen war. Viele Analysten erwarten mittelfristig eine Stabilisierung zwischen 1,10 und 1,15.

💱 Wie Wechselkurse die Rendite beeinflussen

 

Wenn der Dollar stärker wird (Euro fällt):
→ Ihre US-Dollar-Anlage ist in Euro mehr wert.
→ Sie erzielen einen zusätzlichen Währungsgewinn.
Beispiel: Kauf bei 1,16 → Kurs fällt auf 1,10 → + ca. 5 % Währungsgewinn.

Wenn der Euro stärker wird (Dollar fällt):
→ Ihre US-Anlage verliert in Euro gerechnet an Wert → Währungsverlust.

🔄 Währungsbesicherte Varianten (FX-Hedge)

 

Wer diese Schwankungen vermeiden möchte, kann währungsbesicherte Anleihen oder ETFs wählen.
Dabei werden die Dollar-Cashflows über Termingeschäfte in Euro abgesichert.

  • Vorteil: Planbare Euro-Erträge, keine Wechselkursrisiken.

  • Nachteil: Die Absicherung ist teuer, da US-Zinsen über Eurozinsen liegen – die sogenannten Hedge-Kosten senken die Nettorendite, insbesondere bei kurzen Laufzeiten.

🧭 Strategische Szenarien - Wechselkursschwankungen

 

 

  • Szenario A – Dollar gewinnt an Stärke (EUR/USD → 1,10):
    → Ungesicherte US-Anleihen profitieren doppelt (Kursgewinn + Währungsgewinn).

  • Szenario B – Euro wertet auf (EUR/USD → 1,20):
    → Euro-Anleger erleiden Währungsverluste, hier können währungsbesicherte Varianten helfen.

  • Szenario C – stabile Wechselkurszone (1,10–1,15):
    → Fokus verschiebt sich von Währung auf Zinsstruktur und Bonität.


 

Marktszenarien bei Zinsänderungen

 

Szenario 1 – Zinsgipfel erreicht:


Wenn die Notenbanken Zinssenkungen signalisieren, steigen die Kurse älterer Langläufer überproportional.
Beispiel: Eine 10-jährige US-Treasury mit 4,5 % Kupon gewinnt bei einem Zinsrückgang von 4 % auf 3,5 % rund +10 % an Kurswert.

Szenario 2 – Stabiler Dollar, leichte Zinssenkungen:


Für Euro-Anleger bleiben US-Langläufer interessant.
Eine moderate Euro-Aufwertung auf etwa 1,10 USD würde den Währungsgewinn nur leicht schmälern, während Kursgewinne durch sinkende Zinsen überwiegen.

Szenario 3 – Defensive Strategie bei Unsicherheit:


Kurzlaufende oder währungsbesicherte US-Anleihen bieten geringere Renditen, aber deutlich weniger Schwankungsrisiko.
Geeignet für Anleger, die Zinsschritte und Wechselkursbewegungen nicht aktiv „spielen“ wollen.

Drei Szenarien für 2025 – Wo entstehen Chancen?

 

Nachfolgend drei typische Marktszenarien, die den Handlungsspielraum für Anleiheinvestoren 2025 verdeutlichen.

Szenario 1 – Sinkende Zinsen in den USA und Europa

 

Wenn die US-Notenbank und die EZB ab 2026 moderat Zinssenkungen vornehmen, steigen die Kurse bestehender Anleihen. Besonders langlaufende Staatsanleihen (10–30 Jahre) reagieren empfindlich auf sinkende Renditen – der Kursanstieg ist überproportional.

Beispiel:
Eine 10-jährige US-Treasury mit 4,5 % Kupon gewinnt bei einem Renditerückgang um 0,5 Prozentpunkte rund 4–5 % an Kurswert.
Kurzlaufende Papiere (1–3 Jahre) reagieren dagegen nur schwach.

Strategischer Gedanke:
Länger laufende US- oder Euro-Staatsanleihen können in einer Zinssenkungsphase überdurchschnittliche Kurschancen bieten, bergen aber höhere Schwankungsrisiken, falls die Zinswende sich verzögert.


Szenario 2 – Stabiler oder leicht stärkerer Dollar bei moderaten Zinssenkungen

 

Dieses Umfeld könnte besonders spannend für Euro-Anleger sein:
Bleiben die US-Zinsen hoch, sinken aber schrittweise, während der Dollar leicht aufwertet (z. B. EUR/USD von 1,16 auf 1,10–1,12), entsteht eine doppelte Wirkung:
Zinsrückgang → Kursgewinne bei US-Anleihen;
stärkerer Dollar → zusätzlicher Währungsgewinn in Euro.

Beispiel:
Eine US-Staatsanleihe mit 4,5 % Kupon gewinnt durch sinkende Renditen rund 5 %.
Fällt der Wechselkurs von 1,16 auf 1,10, steigt der Euro-Wert der Anleihe um weitere 5–6 %.

Hinweis:
Bei einem gegenteiligen Verlauf (Euro-Aufwertung > 1,20) wird ein Teil dieser Gewinne neutralisiert.
Wer diese Risiken vermeiden möchte, kann auf währungsbesicherte US-Anleihe-ETFs zurückgreifen – mit etwas geringerer Rendite, aber stabiler Euro-Performance.


Szenario 3 – Differenzierte Chancen zwischen Euro- und US-Markt

 

Wenn die Zinsdifferenz zwischen USA und Eurozone bestehen bleibt, ergeben sich weiterhin Renditevorteile in US-Dollar – allerdings mit Währungsrisiko.

Für risikobewusste Anleger können mittel- bis langfristige US-Staatsanleihen attraktiv bleiben, insbesondere, wenn man nicht von einer massiven Euro-Aufwertung ausgeht.

Bei einem Rückgang des EUR/USD-Kurses auf 1,10 könnte der Dollarwert bestehender Anleihen sogar zulegen.
Sinken zusätzlich die US-Zinsen, entstehen Kursgewinne on top.

Umgekehrt bietet der europäische Markt mit kürzeren Laufzeiten (1–3 Jahre) Stabilität und geringeres Zinsrisiko. Unternehmensanleihen mit guter Bonität (Investment Grade) rentieren hier zwischen 3,2 % und 4 % p. a.

Unter Nennwert kaufen – wo liegen Chancen? Warum Anleihen über oder unter dem Nennwert notieren

 

Der Börsenkurs einer Anleihe spiegelt nicht nur ihren Zinskupon, sondern auch die Erwartungen des Marktes wider – insbesondere zu Zinsentwicklung, Bonität und Verschuldung des Emittenten.

Eine Anleihe unter 100 % (unter pari) bedeutet: Anleger zahlen weniger als den Nennwert, erhalten bei Fälligkeit aber die volle Rückzahlung von 100 %. Dadurch entsteht neben den Zinszahlungen ein zusätzlicher Kursgewinn, wenn der Emittent bis zum Laufzeitende zahlungsfähig bleibt.

Eine Anleihe über 100 % (über pari) wird dagegen teurer gehandelt, weil ihr Kupon über dem aktuellen Marktzins liegt. Anleger zahlen also einen Aufpreis für den höheren laufenden Zinsertrag.

Typische Gründe für Unter- oder Überbewertungen:

  • Steigende Zinsen:
    Wenn neue Anleihen mit höheren Kupons begeben werden, verlieren ältere Papiere mit niedrigerem Zins an Attraktivität – ihre Kurse fallen unter 100 %.

  • Fallende Zinsen:
    Bestehende Anleihen mit hohen Kupons werden begehrter und steigen über 100 %, weil sie mehr Zinsen abwerfen als neue Emissionen.

  • Bonität und Schuldenlage:
    Verschlechtert sich die Kreditwürdigkeit eines Emittenten (z. B. durch steigende Staatsschulden oder wirtschaftliche Unsicherheit), verlangen Anleger eine höhere Rendite als Risikoausgleich – der Kurs sinkt.
    Umgekehrt steigt der Kurs, wenn sich die Bonität verbessert oder das Ausfallrisiko sinkt.

Beispiel:
Eine Anleihe eines Staates mit einem Kupon von 3 % notiert bei 92 %. Wer sie bis zur Fälligkeit hält, erhält zusätzlich zum jährlichen Zins einen Kursgewinn von 8 %, sobald sie zu 100 % zurückgezahlt wird.
Umgekehrt notieren ältere Anleihen mit Kupons von 4–5 % aus früheren Niedrigzinsjahren oft über 100 %, weil sie im Vergleich zum aktuellen Marktzins immer noch attraktiv sind.

Beispiel:

Trotz sinkender Leitzinsen durch die EZB, sind die Renditen deutscher Staatsanleihen 2025 gestiegen, hier haben mutmaßlich auch die historisch hohen Kreditpackete zur Sanierung der Infrastruktur und Aufrüstung der Bundeswehr Ihren (negativen) Einfluss. 

Anleihen kurse sind als immer ein Wechselspiel zwischen Laufzeit, Bonität des Emittenten, Verschuldungssituation und allgemeinem Zinsniveau. 

 

Tipp:

  • Staatsanleihen großer Emittenten (Deutschland, USA, Frankreich) sind in der Regel sehr liquide.

  • Unternehmensanleihen kleinerer Emittenten können geringere Handelsvolumina aufweisen – hier kann es größere Spreads geben.

Zugang für Privatanleger – Handel & Liquidität

 

Anleihen können über gängige Online-Broker gehandelt werden, etwa:

       → Deutsche Einlagensicherung, direkter Zugang zum Börsenhandel (z. B. Börse Frankfurt, Stuttgart, Tradegate).

Für mehr Anleihen-Auswahl:

 

Über alle Plattformen können Anleger sowohl Einzelanleihen als auch Anleihe-ETFs handeln und Limits setzen lassen.


Die Liquidität ist bei großen Emittenten (Deutschland, USA, Frankreich, Italien) in der Regel hoch – bei kleineren Unternehmensanleihen kann der Handel hingegen unregelmäßig sein.

Fazit

 

Anleihen bleiben 2025 ein zentrales Instrument im Portfolioaufbau.
In einem Umfeld leicht sinkender Zinsen und stabiler Währungen eröffnen sich Chancen – besonders bei US-Dollar-Anleihen, wenn der Dollar seine Stärke behält oder weiter zulegt.

Die wichtigste Erkenntnis:
Rendite und Risiko entstehen immer im Zusammenspiel von Zins, Bonität und Währung.
Wer diese Dynamik versteht, kann Anleihen gezielt als strategischen Baustein nutzen – ob zur Stabilisierung, Diversifikation oder als taktische Beimischung.

 

Wie wirken sich steigende Zinsen auf Anleihenkurse aus?

→ Steigende Zinsen führen zu fallenden Kursen bestehender Anleihen, da neue Anleihen höhere Kupons bieten. Der Effekt ist bei langlaufenden Anleihen stärker (höhere Duration).

Wann lohnt sich der Kauf von US-Staatsanleihen für Euro-Anleger?

→ Besonders dann, wenn die US-Zinsen hoch bleiben oder der Dollar gegenüber dem Euro stabil bzw. stärker wird. In diesem Fall profitieren Anleger von Zins- und Währungseffekten.

Was bedeutet „währungsbesichert“ bei Anleihen oder ETFs?

→ Dabei wird das Wechselkursrisiko über Termingeschäfte neutralisiert. Die Erträge sind stabil in Euro, aber meist etwas geringer, da die Absicherung Geld kostet.

Sind Staatsanleihen sicherer als Unternehmensanleihen?

→ In der Regel ja, vor allem bei Staaten mit hoher Bonität. Unternehmensanleihen bieten oft höhere Zinsen, bergen aber Ausfallrisiken.

Kann man Anleihen auch über Online-Broker handeln?

→ Ja, etwa über Comdirect* oder S-Broker* oder CapTrader*. Beide bieten Zugang zu Staats- und Unternehmensanleihen sowie zu Anleihe-ETFs mit deutscher Einlagensicherung.

📚 Weiterführende Hinweise

 

  • Europäische Zentralbank (EZB): Geldpolitische Beschlüsse, Oktober 2025

  • U.S. Federal Reserve (FOMC-Protokolle): Economic Outlook & Policy Path

  • BIS Working Paper No.343: Market Structures and Systemic Risks of Bonds and ETFs

  • Deutsche Bundesbank: Zinsstrukturkurve und Anleiherenditen im Euroraum


 

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