Was ist Prop Trading?

 

Der Begriff Prop Trading (kurz für Proprietary Trading) bezeichnet den Handel mit dem eigenen Kapital eines Unternehmens. Im Gegensatz zu traditionellen Brokern, die im Auftrag ihrer Kunden handeln und Provisionen kassieren, nutzt eine Prop Trading Firma ihr eigenes Vermögen, um an den Finanzmärkten Gewinne zu erzielen. Ziel ist es, die erwirtschafteten Überschüsse direkt in das Unternehmen zu verbuchen.

In der klassischen Form waren solche Firmen ausschließlich an Top-Talenten aus der Finanzwelt interessiert. Trader mussten eine intensive Ausbildung durchlaufen und ihr Können unter Beweis stellen, bevor sie Zugang zu millionenschweren Handelskonten erhielten. Die Regeln waren streng und das Risikomanagement stand an oberster Stelle, da die Firma ihre eigenen Verluste zu tragen hatte.


 

Das moderne Challenge-Modell: Prop Trading für jedermann?

 

Der Aufstieg des Public Prop Trading hat dieses traditionelle Modell demokratisiert. Firmen wie FTMO, The 5ers oder die Alpha Capital Group haben ein Geschäftsmodell entwickelt, das es fast jedem ermöglicht, sich als potenzieller Profitrader zu beweisen. Der Weg dorthin verläuft typischerweise in drei Phasen: zwei Evaluationsstufen und die abschließende Finanzierung.

 

Phase 1: Die Evaluation

 

Der Weg beginnt mit der ersten Evaluationsphase. Ein Trader zahlt eine einmalige Anmeldegebühr, die je nach Größe des gewünschten Handelskapitals variiert. Für diese Gebühr erhält er Zugang zu einem Demokonto (einem virtuellen Konto) mit einem festgelegten Guthaben. Das Ziel ist es, einen vorab definierten Profit zu erzielen, ohne dabei vordefinierte Verlustgrenzen zu überschreiten. In dieser ersten Stufe liegt das Gewinnziel oft bei 10 % des Kontoguthabens.

 

Phase 2: Die Verifizierung

 

Hat der Trader die erste Phase erfolgreich abgeschlossen, folgt eine zweite Verifizierungsphase. Diese ist in der Regel mit einem leichteren Gewinnziel von 5 % verbunden und dient dazu, zu überprüfen, ob der Händler seine Strategie konsistent und unter den gleichen strengen Regeln anwenden kann. Die Einhaltung der maximalen täglichen und des Gesamtverlustes bleibt auch in dieser Phase von entscheidender Bedeutung.

 

Phase 3: Das "Funded" Demo-Konto

 

Sobald der Trader auch die zweite Phase bestanden hat, erhält er den begehrten Status eines "geförderten" (funded) Händlers. Die Prop Trading Firma stellt ihm ein neues Demokonto zur Verfügung, dessen virtuelles Kapital nun vom Unternehmen bereitgestellt wird. Der Trader handelt weiterhin auf diesem Demokonto, doch die Firma spiegelt seine profitablen Trades auf einem eigenen Live-Konto mit echtem Geld.

Die Gewinne, die der Trader auf seinem virtuellen Konto erwirtschaftet, werden mit ihm geteilt – in der Regel in einem Verhältnis von 70:30 bis 90:10 zugunsten des Traders. Der Händler erhält also einen hohen Anteil der Gewinne, ohne dabei sein eigenes Kapital riskiert zu haben.


 

Chancen für Trader: Warum das Modell so attraktiv ist

 

Für ambitionierte Trader, die nicht über das nötige Startkapital verfügen, bietet dieses Modell immense Möglichkeiten:

  1. Zugang zu hohem Handelskapital: Dies ist der größte Vorteil. Ein Trader, der nur über ein kleines Eigenkapital von wenigen hundert Euro verfügt, kann durch das Bestehen der Challenge ein Konto mit einem virtuellen Handelsvolumen von 10.000, 100.000 oder sogar 1.000.000 Euro erhalten. Die dadurch potenziell erzielbaren Gewinne sind ein Vielfaches dessen, was er mit seinem eigenen Geld erreichen könnte.

  2. Erzwungenes Risikomanagement: Die strengen Regeln der Challenge, insbesondere die täglichen und maximalen Drawdown-Limits, zwingen den Händler zu einem disziplinierten Risikomanagement. Dies ist eine Fähigkeit, die für langfristigen Erfolg im Handel unerlässlich ist und die er so ohne eigenes Kapital zu riskieren erlernen kann.

  3. Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten: Der Prozess des Bestehens einer Challenge fungiert als intensive Ausbildung. Trader können ihre Strategien in einer simulierten Umgebung testen und verfeinern, ohne dabei finanzielle Verluste zu riskieren.

  4. Kein Risiko des Totalverlusts: Der Trader riskiert nur die Anmeldegebühr. Er kann niemals mehr verlieren, als er in die Challenge investiert hat. Im Gegensatz dazu können private Retail-Trader ihr gesamtes Kapital verlieren.


 

Die Risiken: Die Schattenseiten des Challenge-Modells

 

Trotz der verlockenden Versprechen birgt das Modell auch erhebliche Risiken, die oft unterschätzt werden:

  1. Die geringe Erfolgsquote: Das Bestehen der Challenge ist extrem schwierig. Die Kombination aus aggressiven Profitzielen und engen Verlustlimits führt dazu, dass die überwiegende Mehrheit der Teilnehmer scheitert. Die Anbieter selbst geben in ihren Statistiken oft zu, dass nur 1-5% der Trader die Herausforderung erfolgreich abschließen.

  2. Die Geschäftsphilosophie der Firmen: Das Geschäftsmodell vieler dieser Firmen ist nicht in erster Linie auf die Gewinne der Händler, sondern auf die Einnahmen aus den Anmeldegebühren aufgebaut. Wenn 95% der Trader die Challenge nicht bestehen und ihre Gebühr verlieren, generiert die Firma einen enormen und risikoarmen Gewinnstrom. Die wenigen erfolgreichen Händler dienen als Marketing-Beispiel, um neue Teilnehmer anzulocken.

  3. Das "geförderte" Konto ist ein Demokonto: Dies ist ein zentraler Aspekt, der oft missverstanden wird. Der Trader handelt nach wie vor nicht mit echtem Geld. Die Firma spiegelt die Trades der erfolgreichen Händler, um die Gewinne für sich selbst zu erzielen. Für den Händler bleibt es eine Simulation, auch wenn die Gewinnauszahlungen real sind.

  4. Versteckte Regeln und Einschränkungen: Viele Firmen haben zusätzliche Regeln, die das Handeln erschweren können. Dazu gehören oft Einschränkungen beim Handeln während wichtiger Nachrichtenereignisse, Halten von Positionen über das Wochenende oder sogenannte "Consistency Rules", die es dem Händler untersagen, seine besten Ergebnisse an nur einem Tag zu erzielen. Ein Verstoß gegen diese Regeln kann zum Verlust des "geförderten" Kontos führen.

 

Fazit

 

Das Challenge-Modell hat das Prop Trading demokratisiert und bietet eine einzigartige Möglichkeit, den Traum vom professionellen Handel zu verwirklichen, ohne dabei das eigene Kapital aufs Spiel zu setzen. Der Zugang zu hohem Handelskapital und die erzwungene Disziplin im Risikomanagement sind unbestreitbare Vorteile.

Allerdings muss man sich der Risiken bewusst sein. Die Erfolgsquote ist verschwindend gering, die Geschäftsmodelle der Firmen basieren primär auf den Einnahmen aus den Anmeldegebühren, und das "geförderte" Konto ist nach wie vor eine Simulation. Wer sich darauf einlässt, sollte dies nicht als Garantie für Erfolg, sondern als strenge Prüfung verstehen, die einen wertvollen Lernprozess ermöglicht – unabhängig vom Ausgang. Es ist ein Spiel mit hohem Einsatz, bei dem die meisten Spieler am Ende ihre Gebühr verlieren, aber die wenigen, die erfolgreich sind, die Chance auf signifikante Gewinne haben.

 

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